Einzelhandel muss wieder schließen, zurück zu Click & Collect
Bürgermeister Stefan Neumann bedauert Entscheidung des Landratsamtes Hohenlohekreis
Das Landratsamt Hohenlohekreis hat am 9. April 2021 der Stadtverwaltung Künzelsau mitgeteilt, dass die Einzelhandelsbetriebe in Künzelsau ihre Läden wieder schließen müssen, weil sie nach deren Auffassung gegen § 13a Abs. 3 der Corona-Verordnung verstoßen. Die Künzelsauer Einzelhändler haben sich daraufhin nach Gesprächen entschieden, ihre Geschäfte freiwillig ab Montag, 12. April 2021 wieder zu schließen. Sie setzen jetzt wieder ausschließlich auf die Unterstützung der Kunden und bieten nach wie vor den Einkauf per „Click & Collect“ an.
Bürgermeister Stefan Neumann bedauert, dass keine andere Lösung umsetzbar ist. Die Stadtverwaltung Künzelsau kam im Vorfeld zu einer anderen rechtlichen Beurteilung der Sachlage, die auch dem Landratsamt Hohenlohekreis mitgeteilt wurde. Zusammengefasst ist das die Beurteilung der Stadtverwaltung, der Appell an Landrat Dr. Neth und der Sachverhalt:
Künzelsauer Einzelhandel Öffnung weiter ermöglichen unter bestmöglichen und bisher erfolgreichen Hygienekonzepten – Maskenpflicht beibehalten, Testangebote ausweiten
Die Landesregierung hat die dringende Bitte der Stadt Künzelsau gemeinsam mit weiteren Städten der Region, eine sichere Öffnungsstrategie des Einzelhandels in Modellkommunen umzusetzen, leider abgelehnt. Auf einen weiteren Appell der Bürgermeister aus Neckarsulm und Künzelsau an Manfred Lucha, Minister für Soziales und Integration, zukunftsfähige Modelle für die Erhaltung der Innenstädte und des Einzelhandels gemeinsam auf den Weg zu bringen, liegt noch keine Reaktion vor.
Die Situation der Ladeninhaber in Künzelsau ist dramatisch. Bürgermeister Stefan Neumann hat deshalb am 9. April 2021 mit einem Schreiben an Landrat Dr. Matthias Neth appelliert, die Öffnung der Künzelsauer Geschäfte weiterhin – unter strengen Hygienekonzepten und mit Maskenpflicht in der Innenstadt – zu ermöglichen. Aber auch für die bisherige Unterstützung im Ringen um Perspektiven für den Einzelhandel bedankt er sich und geht in seinem Brief auf die Rechtslage ein:
Laut der Rechtslage der Corona-Verordnung bis zum 28. März 2021 durften Mischbetriebe mit mindestens 60 Prozent des Umsatzes oder Verkaufsfläche mit erlaubten Sortimenten die gesamte Fläche öffnen und das gesamte Sortiment verkaufen, auch die Teile, die nicht zur Öffnung des Betriebes qualifiziert hätten. Mischbetriebe mit weniger als 60 Prozent des Umsatzes oder der Verkaufsfläche durften nur das erlaubte Sortiment verkaufen.
Mit Inkrafttreten der aktuellen Corona-Verordnung ab dem 29. März 2021 dürfen Mischbetriebe nur noch deutlich seltener unter bestimmten Umständen das gesamte Sortiment verkaufen. Nur noch Betriebe mit mindestens 60 Prozent des Umsatzes mit erlaubten Sortimenten dürfen die gesamte Fläche öffnen und das gesamte Sortiment verkaufen, auch die nicht erlaubten Teile hiervon. Mischbetriebe mit weniger als 60 Prozent des Umsatzes dürfen nur noch das erlaubte Sortiment verkaufen.
Weiter führt Bürgermeister Stefan Neumann die rechtliche Bewertung der Stadtverwaltung Künzelsau im Schreiben an Landrat Dr. Matthias Neth aus: „Bei der Anpassung der Corona-Verordnung handelt es sich um eine echte Rückwirkung, denn zum Zeitpunkt der Bestellung war den Händlern der Verkauf der Warengruppen noch erlaubt. Dies bringt einen weiteren Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position der Einzelhändler mit sich. Unter Pandemiegesichtspunkten ist die Einschränkung nicht erforderlich, denn der Kunde verteilt sich dezentral. Damit sehen wir die Maßnahme als unverhältnismäßig an.“ Das willkürliche Kriterium „Umsatz“ führe dazu, dass viele Händler ihr Geschäft einschränken oder wieder ganz schließen müssen. Der Gesetzgeber habe hier vorschnell und nicht ausgewogen gehandelt. „Man hätte abwarten können, wie viele Sortimentswechsel es tatsächlich gibt. Zudem sehen wir die Erweiterung eines Sortimentes durch den Händler durch den Grundsatz der freien Berufswahl beziehungsweise Gewerbefreiheit gedeckt. Es muss den Händlern auch weiterhin gestattet sein, sich einem sich verändernden Markt anzupassen. Dies ist grundlegend für erfolgreiches Handeln und Bestehen am freien Markt.“
Die Stadtverwaltung vertritt die Auffassung, dass Sortimentswechsel durch den Text der Corona-Verordnung nicht ausgeschlossen sind, da der Wortlaut der Verordnung das nicht eindeutig regelt.
Stefan Neumann hat sich dafür ausgesprochen, die Geschäfte mit den neuen Betriebskonzepten weiterhin geöffnet zu lassen. „Da es sich hierbei um Neuausrichtungen der Betriebskonzepte handelt, muss den Inhabern die Möglichkeit gegeben werden, einen Umsatz von 60 Prozent der betroffenen Warengruppen zu erzielen.“ Im Falle einer Schließung muss den mittelständischen Unternehmern außerdem die Möglichkeit geboten werden, die bezogene Ware zu verkaufen. „Wenn unsere Einzelhändler neben den hohen Verlusten durch die Pandemie nun auch noch auf den Investitionskosten sitzen bleiben, stehen viele von ihnen vor der Geschäftsaufgabe.“
Die Stadtverwaltung beruft sich hierbei auf die aktuell gültige Corona-Verordnung §20 Abs. 2.: ‚Die zuständigen Behörden können aus wichtigem Grund im Einzelfall Abweichungen von den durch diese Verordnung oder aufgrund dieser Verordnung aufgestellten Vorgaben zulassen.‘
Bürgermeister Stefan Neumann hat besonders auf die bereits seit dem letzten Jahr erfolgreich umgesetzten Hygienekonzepte der Einzelhandelsbetriebe hingewiesen. „Unsere Bemühungen hinsichtlich des Testzentrums in der Stadthalle sowie der Einführung der Maskenpflicht in der Innenstadt sehen wir als weitere wichtige Gründe den Unternehmern die Öffnung zu ermöglichen.“
Die offenen Briefe an die Landesregierung vom 26. März und den Sozialminister vom 6. April 2021.