Blick auf das neue Rathaus in Künzelsau.

Strategie 2030 – Künzelsau gestaltet aktiv die Zukunft der Stadt

Gemeinderat und Stadtverwaltung beteiligen Einwohnerinnen und Einwohner über verschiedene Formate – alle profitieren

Vier Gemeineräte diskutieren an Plakatwänden.
„Wie wollen wir 2030 in Künzelsau leben?“ Unter dieser Fragestellung passt der Künzelsauer Gemein-derat die Ziele jedes Jahr aufs Neue in Klausurtagungen an und bricht jährliche Schwerpunktthemen herunter. Foto Stadtverwaltung Künzelsau.

„Strategie ist ein langfristiger Ansatz, der konsequent fortentwickelt und angepasst werden muss.“ Künzelsau, so Bürgermeister Stefan Neumann, hat sich deshalb in den Jahren 2013 und 2014 auf den Weg gemacht und aus dem ‚Managementverfahren familienfreundliche, bürgeraktive & demografiesensible Kommune‘ eine mittlerweile langfristig ausgerichtete ‚Strategie 2030‘ entwickelt. Fachlich begleitet und unterstützt wurde das Verfahren in der Startphase von der FamilienForschung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg und dem Kommunalverband für Jugend und Soziales. Die Künzelsauer Einwohnerinnen und Einwohner wurden von Beginn an aktiv im Rahmen von Zukunfts- und Generationenwerkstätten sowie Einwohnerversammlungen in den Prozess mit einbezogen. Gemeinsam mit den Stadträtinnen und Stadträten haben viele Einwohner die Chance genutzt, der grundsätzlichen Frage „Wie wollen wir in Zukunft in Künzelsau leben?“ nachzugehen. Das Füllhorn von Ideen und Projektvorschlägen, das gleich zu Beginn zusammengekommen ist und das gigantische Engagement der Künzelsauer waren Arbeitsgrundlage für die Stadtverwaltung und den Gemeinderat. Es wurden fünf Schwerpunktthemen als Orientierung für die Zusammenarbeit Gemeinderat/Stadtverwaltung definiert: ‚Zukunft Gesundheit‘, ‚Zukunft Klima‘, ‚Zukunft Infrastruktur‘, ‚Zukunft Wohnen‘ und ‚Zukunft Digitalisierung & Mobilität‘.

Strategieziele fixieren und umsetzen

In der Zwischenzeit legt der Gemeinderat in jährlich stattfindenden Klausurtagungen zum Haushalt ein Thema fest, das ein Jahr lang in den Vordergrund der Arbeit der Stadtverwaltung rückt. Jedes Jahr steht also ein anderes Thema im Mittelpunkt – 2021 das Thema ‚Zukunft Wohnen‘, 2020 war es ‚Zukunft Gesundheit‘. „Was wir 2022 in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen, werden wir gemeinsam mit dem Gemeinderat in der Klausurtagung in der zweiten Jahreshälfte (2021) miteinander erarbeiten“, so Stefan Neumann. „Damit übernehmen die gewählten Volksvertreter eine starke Rolle und gestalten die Zukunft der Stadt aktiv.“ Zentrale Fragestellungen sind bei den Strategie-Klausuren nach wie vor: „Wie wollen wir 2030 in Künzelsau leben?“ und „Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, damit das auch so möglich ist?“. Mit Dr. Winfried Kösters hat die Stadtverwaltung einen kompetenten Moderator und Begleiter gefunden. Er hatte sich zuvor auch beim Pro-Region-Projekt Demografische Allianz Heilbronn-Franken‘ eingebracht und Workshops mit Kommunen der Region geleitet. „Zukunft fällt nicht vom Himmel, sondern ist gestaltbar“, so Dr. Kösters. „Künzelsau setzt seit einigen Jahren langfristige Ziele Schritt für Schritt um, indem Bilanz gezogen wird und neue Perspektiven auf der Grundlage bestehender Strategien entwickelt werden. Das ist vorbildhaft und belegt, dass Politik auch fähig ist, über Legislaturgrenzen hinaus zu denken.“

Strategiearbeit transparent gestalten – gut informieren

„Enorm wichtig ist es, dieses Verfahren und die Strategiearbeit transparent zu gestalten und unsere Bevölkerung gut zu informieren.“ Deshalb entwickelt die Stadtverwaltung den Prozess ständig weiter und testet dieses Jahr erstmals eine neue Online-Bürgerbeteiligungs-Plattform (Civocracy). Dort können Gruppen und Vereine Projekte einstellen, für die sie eine Förderung im Rahmen des Bürgerbudgets beantragen. Über die gleiche Plattform können dann die Künzelsauer abstimmen, welche Projekte schließlich mit städtischen Mitteln, aus diesem mit 50.000 Euro gefüllten Bürgerbudget, gefördert werden sollen. Zu Themen des Klimabeirates und der Stadterneuerung sind weitere Bürgerbeteiligungen auf diesem digitalen Weg angedacht. Vor Budgetverhandlungen oder -beschlüssen soll diese Art der Bürgerbeteiligung unter anderem und unbedingt jedes Jahr zum Einsatz kommen. „Einen langen Atem zu haben lohnt sich. Wir müssen den Prozess dauerhaft leben.“

Strategiearbeit beginnt mit Ist-Analyse

Im Prozess, dem Erarbeiten, was für das Erreichen der gemeinsam gesteckten Ziele erforderlich ist, muss zwangsläufig eine ehrliche Ist-Analyse stehen. Besonders gute Dinge werden ebenso sichtbar wie Schwachstellen. Sich die eigene Position bewusst zu machen, ermöglicht schließlich einen objektiveren Blick über den Tellerrand hinaus. Dazu gehört auch, Input von außen einzuholen. Sichtwort Benchmarking. „Eine Strategie muss zu den Akteuren passen, in deren Umgebung funktionieren, ein eigenes Format haben – und daraus erwachsende Strukturen brauchen Zeit implementiert zu werden.“ Diese Erfahrungen hat Stefan Neumann gemacht. „Es ist möglich, Schwerpunkte zu benennen und gleichzeitig dabei Gemeinderat und Stadtverwaltung zu stärken, weil alle an der Ausrichtung der Stadt beteiligt sind und nicht die sprichwörtlichen ‚goldenen Zügel‘ die Kommunalpolitik lenken.“

„Das habe ich gar nicht gewusst“

Dieser Satz fordert alle Akteure des Strategieprozesses heraus, weil es gelingen muss, Einwohnerinnen und Einwohner über unterschiedliche Wege zu erreichen. Deshalb fließen die Schwerpunktthemen in die grundsätzliche Kommunikation ein. „Die Strategie ist damit ein Teil unserer Kommunikation“, sagt Bürgermeister Stefan Neumann. „Über unsere städtischen Social-Media-Kanäle, unsere Homepage und eine Künzelsauer Seite in der Hohenloher Zeitung informieren wir nicht nur, wir laden die Menschen auch ein, sich an einzelnen Projekten zu beteiligen, sich einzubringen oder einfach nur mal in einen digitalen Vortrag reinzuklicken.“ Bedingt durch die Corona-Pandemie werden aus traditionellen Präsenzveranstaltungen digitale Formate, die über Chatfunktionen einen Austausch ermöglichen. Die ersten Online-Veranstaltungen, wie der digitale Neujahrsempfang, der Künzelsauer Abend oder Vorträge zur Gesundheitsvorsorge und Themen rund ums Wohnen, wurden gut angenommen.

„In einem interessanten Begleitprogramm bieten wir Vorträge zu Themen wie Neubau oder Sanierung, Künzelsauer Baugebieten oder der zur Förderung der biologischen Vielfalt an. Spaziergänge entlang unserer neuen Naturnah angelegten öffentlichen Flächen geben Einblicke in die Arbeit unserer städtischen Grünflächenpflege.“ Die Referenten haben auch viele Tipps und Ideen, wie private Gärten Naturnah gestaltet werden können.

Es entstehen Beiräte, die weitreichendes Fachwissen beratend in den Gemeinderat einbringen. Erst zu Beginn des Jahres wurde der Klimabeirat gegründet. Einwohnerinnen und Einwohner, die Positives für Künzelsau im Bereich Klima bewirken möchten, arbeiten an diesem Ziel gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie Vertretern der Gemeinderatsfraktionen und der Stadtverwaltung. Joachim Schröder hat spontan den Vorsitz übernommen, weil er sieht, dass er genau an dieser Stelle zusammen mit den anderen Mitgliedern des Klimabeirates was erreichen kann. „Für mich ist das Spektrum des Klimabeirates eine Querschnittsaufgabe, die unseren gesamten Alltag betrifft: vom Einkaufen bis hin zu Dingen, die ich an meinem Haus zum Beispiel mit einer Solaranlage tun kann. Jeder muss sich auf den Weg machen. Viele Ideen und viele Menschen die mitmachen, bringen uns ganz nach vorne. Ziel ist die Klimaneutralität. Die Kommune muss auf dem Weg dorthin Vorbild sein. Über den Klimabeirat erreichen wir alle Teile der Stadtverwaltung. Wir sprechen über gemeinsame Aktionen, beispielsweise mit der Volkshochschule und Fridays for future, eine breite Öffentlichkeit an, die wir brauchen. Dass es Klimaveränderungen gibt, haben wir mit dem Unwetter am 29. Mai 2016, bei dem die Künzelsauer Innenstadt überflutet war, leider selbst erleiden müssen. Ganz aktuell werden die Klima-Extreme mit einem grotesken Bild in Künzelsau wieder sehr deutlich: Entlang des Kochers werden Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt, eine Schutzmauer gebaut, während der Fluss daneben mit einem für die Jahreszeit zu niedrigen Wasserstand in seinem Bett fließt.“

Die Sitzungen des Gemeinderats und des Klimabeirats sind öffentlich und Zuhörer willkommen. Aufgrund der Pandemie ist noch eine Anmeldung erforderlich.

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