Blick auf das neue Rathaus in Künzelsau.

„Wie erwachsene Forscher eben“ greifen Schüler Alexander Gersts Botschaft zum Schutz der Erde auf

Vom All nach Künzelsau: Space Seeds – Fünftklässler der Georg-Wagner-Schule lassen die Öffentlichkeit an ihrem Wildblumen-Projekt teilhaben

Beteiligte der Aktion stehen am eingesäten Beet.
Gruppenbild: hinten von links – Stellvertretender Bauhofleiter Jochen Lutz, Bürgermeister Stefan Neumann, Hauptamtsleiterin Carmen Class, Schulleiter Rainer Süssmann, DLR-Missionsmanager Volker Schmid, Schulleiterin Antje Rother und Ernst Rieger. Vorne rechts Lehrerin Sabine Weiß in Reihe mit den Schülerinnen und Schülern der 5a und 5c der Georg-Wagner-Schule. Foto Olivier Schniepp, Foto Linke GmbH.

Für zwei fünfte Klassen der Georg-Wagner-Schule in Künzelsau beginnt die Schule nach den Pfingstferien und den eingeschränkten gemeinsamen Unterrichtszeiten mit einem besonderen Projekt: Die Schülerinnen und Schüler haben heute (14.06.2021) gemeinsam mit ihrer Biologielehrerin Sabine Weiß zwei Beete mit Wildblumen angelegt und wollen den Sommer über beobachten, wie sie sich entwickeln. Das Besondere ist, es werden Samen verwendet, die ESA-Astronaut Dr. Alexander Gerst während seiner Mission „Horizons“ mit an Bord der Internationalen Raumstation ISS hatte. „Aus der Erdumlaufbahn kann man die Eingriffe des Menschen in die Natur, zum Beispiel die Abholzung des Regenwalds deutlich sehen“, so Dr. Alexander Gerst. „Man begreift sofort, wie fragil und empfindlich unsere Biosphäre ist. Wir müssen die Erde auch für die nächsten Generationen in ihrer Vielfalt und Schönheit erhalten. Dabei kann jeder mithelfen, denn jeder Schritt und jede Aktion zum Erhalt unserer Natur ist wertvoll.“

Biodiversität – die Vielfalt des Lebens im Unterricht

Im Fach Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) nahmen die beiden Schulklassen Pflanzen durch und haben ein Herbarium für Wildblumen erstellt. „Gerade behandeln wir das Thema Biodiversität – die Vielfalt des Lebens“, sagt die Schülerin Marie. „Bald bearbeiten wir das Thema Insekten beziehungsweise Bienen. Das Wildblumen-Projekt passt also super gut zu unserem BNT-Unterricht. Außerdem finden wir es spannend, zu erforschen, ob sich die Blumensamen im Weltraum verändert haben.“ Von dem Nebeneffekt, dass die Schüler mit dem Projekt die Biodiversität fördern und die Stadt Künzelsau noch etwas schöner machen können, sind die Schulleitung, Rainer Süßmann und Antje Rother, ebenso begeistert wie Bürgermeister Stefan Neumann.

Zwei Schüler streuen Wildblumen-Samen auf ein Beet.
Schülerinnen und Schüler der Klassen 5a und 5c der Georg-Wagner-Schule Künzelsau säen mit ihrer Lehrerin Sabine Weis die Wildblumensamen aus. Ernst Rieger unterstützt und gibt Tipps. Foto Olivier Schniepp, Foto Linke GmbH.

An Alexander Gersts Missionen anknüpfen – Stadt soll klimaneutral werden

„Mit der ESA und dem DLR konnten wir in Künzelsau die beiden Missionen von Dr. Alexander Gerst gemeinsam mit vielen Menschen begleiten“, so Bürgermeister Stefan Neumann. „Dass wir jetzt anknüpfen, die Begeisterung, die Neugierde und den Forscherdrang weitertragen und die Kinder beteiligen können, passt hervorragend zum Lehrplan der Klassen und zu unserem Ziel, weitere Grünflächen in der Stadt naturnah zu gestalten. Unser Bauhof-Team wandelt immer mehr Anlagen um, damit die für uns so wichtigen Insekten und Kleinlebewesen Nahrung und Unterschlupf finden können und wir damit langfristig positiv auf unser Klima einwirken.“ Künzelsau soll bis zum Jahr 2030 klimaneutral und im besten Fall klimapositiv sein. Das haben sich Gemeinderat und Stadtverwaltung ehrgeizig vorgenommen.

Schutz der Erde zentrale Botschaft des ESA-Astronauten / Wildblumen heute oft eine Seltenheit

Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat den Schülerinnen und Schülern ein paar Gramm des Wildblumensamens, die schon im All waren – Space Seeds – mitgebracht. Und mit den Samen brachte er herzliche Grüße von Alexander Gerst für die Schülerinnen und Schüler mit nach Künzelsau. „Heute sind Wildblumen, die früher überall zu finden waren und die jedes Kind kannte, oft eine Seltenheit“, so Volker Schmid. „Der Schutz unserer Erde, des Blue Dot, war bei beiden Missionen von Alexander Gerst eine zentrale Botschaft. So ist die Artenvielfalt, beispielsweise der Schutz von Insekten und ihre Bestäuber-Leistung bei Nutzpflanzen, für den Menschen lebensnotwendig. Denn ohne Bestäubung von Nutzpflanzen gibt es auch keine Nahrung. Viele Insekten benötigen intakte Ökosysteme und Wildblumen als Nahrungsangebot. Dabei kann jeder mithelfen – zum Beispiel im eigenen Garten. Dafür hatte Alexander Gerst zwei Kilogramm Wildblumensamen mit im Gepäck, um hier auf der Erde Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer für diesen Gedanken zu begeistern. Fantastisch, dass nun in Künzelsau gesät wird.“

Zum Vergleich hat Ernst Rieger eine identische nicht geflogene Samen-Mischung für das Schüler-Projekt gespendet. In seinem Betrieb in Blaufelden produziert er Samen von Wildblumen und Wildgräsern. Von dort stammen auch die Samen für Alexander Gersts Weltraummission.

Bürgermeister Stefan Neumann.
Bürgermeister Stefan Neumann freut sich und will die Begeisterung für Alexander Gerst Missionen, die Neugierde und den Forscherdrang weitertragen und die Kinder beteiligen - sowie weitere Grünflächen in Künzelsau naturnah zu gestalten.

Unterscheiden sich die zwei Arten von Blumensamen?

Bevor die Kinder zur Tat schreiten und säen, erzählen sie, was sie den Sommer über forschen, experimentieren, entdecken und beobachten wollen. Sie sind gespannt, wie sich die Samen entwickeln: „Wir erforschen nun, ob sich die zwei Arten von Blumensamen unterscheiden“, erklärt Vilius. „Sobald sie keimen, schreiben wir auf, welche Pflanzen zum Beispiel wie schnell wachsen und schreiben unsere Ergebnisse in Protokolle auf. Wie erwachsene Forscher eben.“ Im Lauf der nächsten Wochen erhoffen sich die Schülerinnen und Schüler Antworten auf verschiedene Fragen: Wie haben die Wildblumensamen die Reise ins All überstanden? Können daraus noch Blumen wachsen? Das ist wichtig, um zu erfahren, ob die Samen für längere Zeit im All überleben würden. Nur da, wo Pflanzen sind, kann auch Leben sein.

Eigentlich ist es etwas zu spät und zu warm für die Aussaat. Aber das Projekt sollte starten, wenn alle Schülerinnen und Schüler mitmachen können. Weil die Infektionszahlen erfreulicherweise gesunken sind, ist das jetzt im Präsenzunterricht mit den kompletten Klassen möglich. Mit Tipps vom Experten Ernst Rieger kommen die Samen in die Erde. „Jetzt braucht Ihr ganz viel Geduld und müsst beobachten – immer beobachten. Am besten Ihr sagt den Pflanzen gute Nacht und guten Morgen.“ Jochen Lutz, der stellvertretende Leiter des städtischen Bauhofes, wird gemeinsam mit den Kindern die Beete im Auge behalten und bei Bedarf mit seinem Team auch gießen.

Kleine Mitmachaktionen und Pflanzensteckbriefe am Beetrand

Im BNT-Unterricht bereitet Lehrerin Sabine Weiß mit den Klassen kleine Mitmachaktionen vor, die im Lauf des Sommers bei den Beeten auf einzelne Pflanzen aufmerksam machen und an den Schutz der Natur und Umwelt erinnern. „Damit auch Leute, die an unseren Beeten vorbeikommen, wissen, was wir erforschen, werden wir unsere Ergebnisse bei den Beeten ausstellen“, sagt der Schüler Vilius. „Auch andere Gegenstände oder Mitmachaktionen werden wir in den nächsten Wochen noch zeigen: Zum Beispiel Insektenhotels, Bilder oder Pflanzensteckbriefe.“ Es dürfte also nicht nur für die am Projekt beteiligten Kinder interessant sein, hin und wieder an den beiden Beeten mit den Space Seeds vorbeizuschauen. Es werden auch Ideen und Wildblumen dabei sein, die sich gut im eigenen Hausgarten machen und umsetzen lassen. Direkt neben dem Rad-/Fußweg entlang des Kochers sind die Aktionsbeete auf der Grünfläche zwischen der Halfpipe und dem Hallenbad TollKÜN zu finden.

Missionsleiter Volker Schmid.
Volker Schmid erklärt, wie die Samen zur ISS kamen und richtet Grüße von Dr. Alexander Gerst aus. Foto Olivier Schniepp, Foto Linke GmbH.

Kleine Bildergalerie vom Aussäen: https://kuenzelsau.de/,Lde/bildergalerie/bildergalerie+2021

Hintergrund / Infos:

Dipl.-Ing. Volker Schmid, MsE, vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und ESA-Delegierter PB-EUB. Er hat die beiden Missionen von Dr. Alexander Gerst geleitet und ist auch für den nächsten deutschen ESA-Astronauten Dr. Matthias Maurer wieder Missionsleiter.

Ernst Rieger produziert in seinem Betrieb, der Rieger-Hofmann GmbH, in Blaufelden Samen von Wildblumen und Wildgräsern.

Die Klassen 5a und 5c der Georg-Wagner-Schule aus Künzelsau führen das Space-Seeds-Projekt im Rahmen ihres Unterrichts im Fach Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) durch. Ihre Lehrerin Sabine Weiß entwickelt mit den Klassen begleitende kleine Mitmachaktionen für Passanten.
Die Georg-Wagner-Schule ist eine Verbundschule mit Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschule. Aktuell besuchen rund 750 Kinder die Schule. Rainer Süßmann leitet die Schule mit Antje Rother. 70 Lehrkräfte unterrichten an zwei Schulstandorten, Am Berg und Am Kocher.

Alexander Gerst in der ISS mit Samenpäckchen.
ESA-Astronaut Dr. Alexander Gerst mit den verpackten Wildblumensamen in der ISS. Foto Copyright ESA/DLR.

Bei einem Spaziergang am 10. Juli 2021, um 14 Uhr, stellt Sebastian Frey die „Natur nah dran“-Flächen in Künzelsau vor. Der Diplom Landschaftsökologe aus Neckarsulm unterstützt den Künzelsauer Bauhof bei der Umsetzung dieser Flächen. Er gibt den Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch Tipps und Ideen, die sie in ihrem eigenen Garten umsetzen können. Eine Anmeldung bei er Stadtverwaltung Künzelsau ist erforderlich. Mehr Informationen dazu auf der städtischen Homepage https://kuenzelsau.de/,Lde/spaziergang+biologische+vielfalt+und+_natur+nah+dran_-flaechen+_28_05_2021_