Blick auf das neue Rathaus in Künzelsau.

Vom guten Fleisch über Bio-Produkte bis zum müllfreien Einkauf

Vortragsreihe „Zukunft Klima“ gibt Anregungen für einen klimafreundlichen Lebensstil / im September: „Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?!“

zwei Herren und drei Damen
Im Sitzungssaal des Künzelsauer Rathauses gaben Expertinnen und Experten Anregungen, wie ein klimafreundlicher Lebensstil im Alltag umsetzbar ist. Von links, Joachim Schröder, Friederike Höhn, Sarah Schmidt, Anna-Janine Schwarz und Gerhard Pfaff. Foto Rainer Lang.

Den heftigen Regenfall Ende April hat Joachim Schröder mit großer Sorge verfolgt. „Der Künsbach wäre fast über seine Ufer getreten“, berichtete er vor rund 50 Besucherinnen und Besuchern im Künzelsauer Rathaus. Der Leiter des Klima-Zentrums Hohenlohe fühlte sich dabei an die folgenschweren Überflutungen in Hohenlohe im Jahr 2016 erinnert. Bei der Begrüßung zur Veranstaltung „Klimaneutral, saisonal, regional und gesund einkaufen“ prognostizierte er im Blick auf den fortschreitenden Klimawandel, dass künftig solche Starkregenereignisse zunehmen und sich mit extremen Hitzeperioden abwechseln. Deshalb forderte er dazu auf, den eigenen Lebensstil zu ändern und durch ein verändertes Einkaufs- und Ernährungsverhalten den CO2-Fußabdruck zu verringern.

Beim dritten Termin der von der Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Klimabeirat veranstalteten Vortragsreihe „Zukunft Klima“ wies er darauf hin, dass pflanzenbetonte Ernährung und bewusster Konsum einen erheblichen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten können. Außerdem beklagte er die Verschwendung von Lebensmitteln. In Deutschland würden pro Person im Jahr 78 Kilogramm Lebensmittel weggeschmissen, fügte er hinzu. In vier Impulsvorträgen wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich Emissionen im Alltag ohne große Mühen verringern lassen.

Von gestiegenen Fleischpreisen kommt nur wenig beim Landwirt an

Gerhard Pfaff aus Steinbach wehrte sich gegen die seiner Ansicht nach vorherrschende Ansicht, dass Bio in der Landwirtschaft als Problemlöser gilt und konventionelle Betriebe als Problemverursacher. Diese kritische Haltung ist seiner Meinung nach im geringen Wissen über Landwirtschaft begründet. Er führe seinen Betrieb mit Schweinehaltung, Ackerbau, Waldwirtschaft und regenerativen Energien genauso verantwortungsvoll wie der Ökobauer.
 
Die Erwartungen der Verbraucher, die Tiere artgerecht zu halten und die gesetzlichen Anforderungen von der EU bis zu den Ländern, würden auch konventionelle Betriebe vor enorme Herausforderungen stellen. Allein die Einhaltung der EU-Umweltstandards würden pro Hektar rund 315 Euro an zusätzlichen Kosten verursachen. Die Subventionen von 180 Euro pro Hektar würden dies nicht decken. Gesellschaftlich würde zwar immer stärker das Tierwohl gefordert, aber ob die Bereitschaft bei der Kundschaft bestehe, dies auch zu bezahlen, bezweifelte er.
Pfaff wies darauf hin, dass er im Gutfleisch-Programm von Edeka sei. Seine Tiere würden in Hohenlohe geboren, aufwachsen, geschlachtet und in der Region verkauft, bekräftigte er. Bei mindestens drei unangemeldeten Kontrollen im Jahr werde überprüft, ob die Vorschriften eingehalten werden. Er bedauerte, dass es auf alle Landwirte ausstrahle, wenn ein schwarzes Schaf entdeckt werde. Und im Ackerbau werde durch den Einsatz modernster Technik der Einsatz von Düngemitteln auf ein Minimum beschränkt, fügte er hinzu. Die Kosten für die Anschaffung moderner Geräte bezifferte er auf 100.000 bis 200.000 Euro. Er kritisierte, dass von den um 20 Prozent gestiegenen Fleischpreisen nur acht Prozent bei den Erzeugern ankommen.

Bio-Musterregion mit Bundespeis ausgezeichnet

Als Ergänzung zur konventionellen Bewirtschaftung stellte Anna-Janine Schwarz die Bio-Musterregion Hohenlohe vor. Insgesamt fordert das Land Baden-Württemberg 14 solcher Regionen mit dem Ziel, die Öko-Anbauflächen zu steigern. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Ökoflächen auf 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu steigern. Im Jahr 2022 waren es 14,5 Prozent.
 
Mit einem Bündel von Maßnahmen soll in der Bio-Musterregion die Attraktivität von Bio-Lebensmitteln gesteigert werden. Schwarz nannte in diesem Zusammenhang unterschiedliche Handlungsfelder. Es bietet sich ihrer Ansicht nach an, Gemeinschaftsverpflegung in Bioqualität anzubieten. Außerdem werden unter dem Motto „Öko statt Ausstieg“ Infoveranstaltungen für umstellungswillige Landwirte angeboten.
 
Die Bruderkalb-Initiative Hohenlohe ist mit dem Bundespreis Ökolandbau ausgezeichnet worden, so Schwarz. Bei den teilnehmenden Betrieben wachsen auch die männlichen Kälber auf dem Hof auf und werden nicht nach der Geburt an Mastbetriebe abgegeben. Auszeichnungen vergibt auch die Bio-Musterregion. So werden mit den Hohenloher-Biosternen regionale Produkte ausgezeichnet. Dazu gehören der Demeter-Hofladen im Hofgut Hermersberg, der Brot und Fleisch in Demeter-Qualität anbietet, das Bio-Geflügel vom Brunnenhof in Mäusdorf und die Vogelsberger Stutenmilch, die für Kosmetik- und Pflegeprodukte verwendet werden kann.

„Hohenlohe to go“ einheitliches Mehrwegsystem im Landkreis

Für Sarah Schmidt von der Wirtschaftsinitiative Hohenlohe (W.I.H.) gehört zum klimagerechten Einkauf auch die Vermeidung von Einwegverpackungen. Deshalb ist 2021 die Initiative „Hohenlohe to go“ gestartet worden zur Mitnahme von Speisen und Getränken. Zentraler Gedanke dabei ist, dass es im ganzen Landkreis ein einheitliches Mehrwegsystem gibt. So kann auf effektive Weise Müll vermieden werden, ist sich Schmidt sicher.
 
Zu ihrer Freude stellt sie fest, dass die Nachfrage steigt. Als Partner sich die Abfallwirtschaft, der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) oder die Sparkasse mit an Bord. Insgesamt 22 Betriebe beteiligen sich inzwischen, darunter sind in Künzelsau Café Auszeit, Metzgerei Zum Wilden Mann oder Bistro Bar OXN. Die Pfandgebühr beträgt für eine Schale fünf Euro, für einen Becher 2,50 Euro. Schmackhaft gemacht wird das Mehrwegsystem für die ersten 100 teilnehmenden Betriebe sowohl durch den Kreis als auch einzelne Kommunen wie Künzelsau.

„Einmal ohne“ – „es ist total einfach ohne Verpackung einkaufen zu gehen“

Zum Abschluss bekräftigte Friederike Höhn von Hohenlohe for Future, dass es gar nicht schwierig sei, verpackungsfrei einzukaufen. Die Organisation bietet sogar Workshops mit Empfehlungen für einen verpackungsfreien Einkauf an. Beutel lassen sich zum Beispiel aus ausgedienten T-Shirts einfach herstellen. Inzwischen gibt es unter dem Motto „Einmal ohne“ auch ein deutschlandweites Label für müllfreies Einkaufen. Der Imagefilm dafür sei in Künzelsau gedreht worden, berichtete Höhn. Der Sticker ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich ein Betrieb beteiligt.
 
Man braucht nicht mehr als eine Verpackung, die man mitbringen kann, wie eine Box oder einen Beutel. Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren auch, dass man seinen Döner ebenfalls in einer mitgebrachten Verpackung mitnehmen kann, nämlich in einem Wachstuch. „Es ist eigentlich total einfach, ohne Verpackung einkaufen zu gehen“, meint Höhn. Sie verwies jedoch darauf, dass bestimmte Hygienevorschriften eingehalten werden müssen. So wird die mitgebrachte Box auf ein Tablett auf der Ladentheke gestellt. 1400 Läden seien deutschlandweit dabei, davon ein Prozent in Künzelsau. Damit sei die Kreisstadt ein echter Hotspot fürs verpackungsfreie Einkaufen, so Höhn.

Weitere Vortrags-Termine ab September: Vortrag „Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?!“

Die Vortragsreihe „Zukunft Klima“ wird am 28. September 2023, 19.30 Uhr, mit einem Vortrag „Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?!“ von Dr. Harald Drück fortgesetzt. Zwei weitere Vorträge folgen am 12. Oktober und 9. November. Mehr Infos unter www.kuenzelsau.de/klima2023. Mehr Infos zu den bereits stattgefundenen Vorträgen gibt es unter www.wih-hohenlohe.de; www.hohenloheforfuture.de; www.biomusterregionen-bw.de