Blick auf das neue Rathaus in Künzelsau.

Nach missglücktem Ballonstart zweiter Versuch nach den Sommerferien geplant

Schülerinnen und Schüler des Ganerben-Gymnasiums wollten Sonde in die Stratosphäre schicken

weißer Ballon wird mit Helium gefüllt, Schüler arbeiten mit, und viele Schüler schauen mi zu
Der Ballonstart ist akribisch von einem Schüler-Team vorbereitet und wird auch von den zuschauenden Schülerinnen und Schülern mit Spannung erwartet. Foto Elke Sturm Stadtverwaltung Künzelsau.

Eigentlich sagt man, dass aller guten Dinge drei sind. Nachdem die Aktion zweimal verschoben werden musste, hatten sich noch vor den Sommerferien mehr als 500 Schülerinnen und Schüler des Ganerben-Gymnasiums in Künzelsau auf dem nahegelegenen Nagelsberger Sportplatz eingefunden, um den Start eines Stratosphärenballons mit zu verfolgen. Dieser entschwand auch wie geplant in den strahlend blauen Himmel bei optimalen Bedingungen. Das Wichtigste war jedoch nicht dabei. Wegen eines gerissenen Seils blieb die von der neunten Klasse entwickelte Technik zur Auswertung von meteorologischen Daten am Boden zurück. Der Schock und die Enttäuschung über das Missgeschick waren groß. Aber das Ganerben-Team bekommt eine zweite Chance. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat spontan das Equipment für einen zweiten Start zugesagt. Der ist nach den Sommerferien geplant.

Lehrer Dr. Thomas Lankoi war nach dem misslungenen Start enttäuscht. Schon bei den Vorbereitungen ist sein Puls nach seinen Worten „auf dauerhaft 130 hochgeschnellt“. Denn als der Ballon mit Helium befüllt werden sollte, passte ein Anschlussstück nicht. Im Baumarkt musste erst ein passendes Teil besorgt werden. „jetzt sind mindestens 350 Euro Materialkosten futsch. Die müssen wir erst wieder zusammen bekommen“, meinte er.
 
Völlig überraschend kam der Pädagoge zu dem Projekt. Denn die Schule hatte sich dafür in letzter Minute beworben. Bei der Aktion des DLR sollen junge Menschen zu Forscherinnen und Forschern werden. Das DLR beteiligt sich dabei an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgerufenen Wissenschaftsjahr 2023 unter dem Motto „Unser Universum“. An dem Modul mit dem Titel „Der blaue Planet“ beteiligen sich in ganz Deutschland rund 20 Schulen.
 
Alle Teams verfolgen eine gemeinsame Mission: Die Beobachtung der Erde mithilfe einer speziellen Kamera aus einer Höhe von über 30 Kilometern. Zu diesem Zweck erhalten sie vom DLR die erforderliche Kamera, ein Set zum Bau einer eigenen Stratosphärensonde und die notwendige Technik dazu. Zusätzlich zu der Kamera musste das Team vom Ganerben-Gymnasium eine eigene Forschungsmission entwickeln und die nötigen Instrumente beim Ballonflug mitführen.
 
Wenn der Ballon eine bestimmte Höhe erreicht hat, platzt er. Die Sonde schwebt dann mit einem Falschschirm zu Erde. Nach ihrer erfolgreichen Bergung muss das Team die Daten auswerten und einen Projektbericht mitsamt Videos erstellen.

der weiße Ballon schwebt in den blauen Himmel, die Zuschauenden blicken ihm nach
Leider reißt die Schnur und die Messinstrumente bleiben am Boden. Foto Rainer Lang.

Rektor Edwin Straßer findet die Teilnahme an solchen Projekten für Schülerinnen und Schüler wichtig, egal ob jemand später Techniker oder Naturwissenschaftler werden will. Mit technischen Entwicklungen müssten alle im Alltag umgehen, sagt er.
 
So ein Projekt schätzt er nicht nur, weil das Ganerben-Gymnasium MINT-Schule ist mit einer Ausrichtung auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Hier kämen auch Geografie und Ethik zum Tragen im Blick auf Verantwortung für die Umwelt, meint der Schulleiter.
 
Für Dr. Thomas Lonkai hat das Projekt mehrere Ziele. Es sind ernsthafte wissenschaftliche Messungen damit verbunden. Atmosphärische Daten wie Temperatur, Luftdruck oder Luftfeuchtigkeit werden ausgewertet. Außerdem hat die Klasse die Box etwas modifiziert. Eine zweite Kamera macht horizontale Aufnahmen, die zwar keinen wissenschaftlichen Wert haben, aber „unglaubliche Aufnahmen“ liefern. Dazu sind in der Box vier Reagenzgläser mit verschiedenen Lösungen zwecks eigener schulischer Versuche. Nach zwei nichtgenehmigten Starts wegen Nato-Übungen und Abitur war die Spannung groß.
 
Intensiv hatten sich die 15 Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse mit vier Jungs und elf Mädchen auf den Start vorbereitet. Die Sonde hatte vor allem Anna Kartun zusammengebaut. Darin konnten zum Beispiel keine normalen Akkus verwendet werden, weil sie einfrieren würden. „Wir lassen uns nicht entmutigen“, meint die 15-Jährige. Jetzt gelte es erneut Genehmigungen zu erhalten, einmal von der Luftfahrtbehörde und zum anderen vom Grundstückeigentümer. Außerdem muss wieder eine Versicherung abgeschlossen werden. Auch die Stadtverwaltung unterstützt einen Neustart. Aber bei diesem darf auch keine andere Schnur verwendet werden. Denn aus Sicherheitsgründen ist nur eine nicht reißfeste Schnur erlaubt. Bei einem neuen Versuch werden die Nerven von Dr. Thomas Lonkai uns seiner Klasse sicher bis zum Zerreißen gespannt sein.