Blick auf das neue Rathaus in Künzelsau.

Ungarische Krippen und Volksbräuche stimmen auf Advent und Weihnachten ein

Kooperation der Museen der Partnerstädte Marcali und Künzelsau – Ausstellung im Stadtmuseum Künzelsau

Blick in den Ausstellungsraum. vier Krippen sind zu sehen.
Die ungarische Version der Krippe hat die Gestalt einer kleinen Kirche, in denen Szenen aus der Bibel nachgespielt werden. Foto Stadtverwaltung Künzelsau.

Wer in den kommenden Wochen das Künzelsauer Stadtmuseum besucht, kann die Puppen tanzen lassen. Zu Gast ist nämlich das Museum aus Künzelsaus ungarischer Partnerstadt Marcali mit einer Sammlung traditioneller Krippen, die bis heute in der Weihnachtszeit von Haus zu Haus getragen werden, um in den Wohnzimmern biblische Szenen vorzuspielen. Unter dem Motto „Die schönen Tage an der Krippe“ sind bis zum Februar kommenden Jahres die ungarischen Krippen vom Balaton, die vom Museum Marcali zum Teil kopiert worden sind, zu sehen. Es sind Schätze, von denen Bürgermeister Stefan Neumann begeistert ist, wie er bei der Eröffnung einräumte.

Alte Volksbräuche lässt das Stadtmuseum lebendig werden. Das älteste Ausstellungsstück stammt von 1880. Die ungarische Version der Krippe hat die Gestalt einer kleinen Kirche, in denen Szenen aus der Bibel nachgespielt werden. Zu diesem Zweck sind Öffnungen im Boden eingelassen. Auf Führungsschienen lassen sich die Figuren im Spiel bewegen und ermöglichen eine anschauliche Darstellung wie auf einem Theaterboden in Miniaturform.

Expertin aus Marcali hat Schau zusammengestellt

Die Ausstellung hat eine längere Vorgeschichte, wie Tünde Vidak erläuterte. Die Volkskundlerin, die seit zehn Jahren das städtische Museum in Marcali leitet, hat die Schau zusammengestellt, nachdem sie die volkskundliche Sammlung in dem Museum, in dem sie seit 2000 arbeitet, völlig neu geordnet hat. Inzwischen gilt sie als Expertin für die weihnachtlichen Bräuche. Dazu hat sie Konferenzen organisiert und Bücher veröffentlicht.

Auch überregionale Aufgaben hat Vidak übernommen, zum Beispiel im Museumsnetzwerk. Weil die in der Nähe des Balaton (Plattensee) gelegene ungarische Stadt Vezprém 2023 Kulturhauptstadt Europas sein wird, bereitet die Volkskundlerin, die sich seit 20 Jahren mit den weihnachtlichen Volksbräuchen beschäftigt, eine Ausstellung von Künstlern vom Balaton vor, an der Marcali und vier Dörfer in Kooperation mit Vezprém beteiligt sind.
Gegenwärtig sind die Krippen aus dem Museum in Marcali in Künzelsau.

eine zottelige Gestalt, zwei Herren und eine Dame haben sich in Reihe aufgestellt
Bei der Ausstellungseröffnung, von rechts: Bürgermeister Stefan Neumann; Tünde Vidak, Leiterin des Museums in Marcali; Stefan Kraut, Leiter des Stadtmuseums Künzelsau; Tünde Vidaks Mann hat sich das Kostüm eines wilden Gesellen für die Ausstellungseröffnung angezogen. Foto Stadtverwaltung Künzelsau.

Von Haus zu Haus

Gruppen gehen dann wieder von Haus zu Haus. Darunter sind zum Teil wilde Gesellen. Wie diese aussehen, ist auf Bildern im Museum zu sehen. Wie so eine furchterregende zottelige Figur in echt aussieht, zeigte Tünde Vidaks Mann bei der Eröffnung. Der Feuerwehrkommandant und Stadtrat ist stolz auf die Tradition, die er gerne selbst pflegt. Als Gruppenleiter geht er in der Weihnachtszeit von Tür zu Tür.

Volksbräuche – vom Advent bis Dreikönig

Auch weitere Volksbräuche sind im Stadtmuseum zu sehen. Die Ausstellung präsentiert in chronologischer Reihenfolge die Sitten rund um Marcali, mit denen die Menschen in der Adventszeit, an Weihnachten bis Dreikönig das Fest der Geburt Jesu feierten. Ein typischer Weihnachtsbaum und ein Weihnachtstich zählen dazu. Ebenso der Tag der unschuldigen Kinder, der an die auf Befehl von Herodes getöteten Kinder erinnert sowie das Dreikönigsfest. Auch die Herbergssuche der Heiligen Familie ist dabei. Frauen und Männer tragen dazu ein Bild der Heiligen Familie umher und bitten vor den Häusern singend um Eintritt. An Silvester gehen Kinder und Erwachsene umher, singen Lieder und fragen nach Spenden für
Kirche oder Schule.
 
Solche Heischebräuche, wenn Kinder von Haus zu Haus ziehen, Glückwünsche darbringen und milde Gaben erhalten, werden auch in der Ausstellung gezeigt. Stadtarchivar Stefan Kraut weist darauf hin, dass diese Bräuche auch in Hohenlohe nicht unbekannt sind. Denn früher gingen hier die Kinder mit dem „Ouklopfe Hämmerle“ von Tür zu Tür. Mit dem uralten Brauch besserten die Kinder ihren mageren Speiseplan auf. Beim Heischebrauch geht es immer um das Fordern und Erbitten von Gaben. Eine Sonderform ist der Einkehrbrauch, bei dem die Umherziehenden in den Räumen des Gastgebers bewirtet werden.

Krippen
Krippen aus Marcali in der aktuellen Ausstellung im Stadtmuseum. Foto Stadtverwaltung Künzelsau.

Die Idee zur Ausstellung wurde vor vier Jahren geboren. Im Rahmen des Besuchs des Künzelsauer Stadtgeschichte-Vereins 2018 ging es auch um heimatkundliche Veranstaltungen. Daraufhin wurden in Marcali Krippen aus aller Welt von der Sammlung Würth gezeigt. Jetzt ist der Gegenbesuch vom Balaton nach Künzelsau gekommen, und jeder der will, kann an einer besonderen Krippe im Stadtmuseum selbst ausprobieren, wie so ein Puppenkrippenspiel funktioniert.

Ausstellungzeiten und Begleitprogramm

Die Ausstellung im Stadtmuseum Künzelsau, Schnurgasse 4, ist bis zum 26. Februar 2023 zu sehen. Der Eintritt ist frei. Es wird auch ein Begleitprogramm angeboten: Donnerstag, 8. Dezember 2022, 19 Uhr, „‘Ouklopfe‘ aller Geister – Hohenloher Bräuche von Advent bis Dreikönig“, Vortrag von Stefan Kraut; Sonntag, 26. Februar 2023, 15 Uhr, Finissage mit Tünde Vidak, Direktorin des Museums Marcali.

Eine Frau und ein Mann schauen sich eine Krippe an.
Die Ausstellung im Stadtmuseum ist geöffnet von Mittwoch bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr. Foto Rainer Lang.

Städtepartnerschaft


Seit 1992 besteht die Städtepartnerschaft zwischen Marcali in Ungarn und Künzelsau. In diesem Jahr feiert die Partnerschaft 30-jähriges Jubiläum. Durch regelmäßig stattfindende Besuche und gemeinsame Aktionen haben die Einwohner beider Städte die Möglichkeit, das Land, die Geschichte und die Lebensweise des Anderen kennenzulernen und so besser zu verstehen.